Gold für Deutschland – dieser Traum könnte für die Fußballerinnen der DFB-Nationalelf jetzt in Paris wahr werden. Im Frauenfußball gilt die Goldmedaille bei Olympia als größter möglicher Erfolg.
Es läuft die 78. Minute im Spiel um Platz drei bei der Women’s Nations League. Das deutsche Nationalteam spielt gegen die Niederlande. Die Spielerinnen der DFB-Elf tummeln sich im Strafraum der Gastgeberinnen und warten auf die Ecke von Klara Bühl. Der erste lange Ball wird noch abgewehrt, doch die Flügelspielerin setzt nach, flankt abermals von der rechten Seite in den Strafraum. Lea Schüller steigt hoch – und köpft den Ball ins Tor. Schüller brüllt, auf dem Rasen kniend, ihre Freude in den Nachthimmel von Heerenveen. Ihre Teamkolleginnen stürzen sich jubelnd auf sie, an der Seitenlinie reißt Coach Horst Hrubesch die Arme nach oben. Das 2:0 bedeutet die Entscheidung und gleichzeitig auch den Endstand. Normalerweise wird Spielen um den dritten Platz nicht solch' eine Bedeutung beigemessen. Doch in diesem Fall ist es anders, denn mit diesem Treffer war klar: Deutschlands Fußballerinnen haben sich für die Olympischen Spiele 2024 qualifiziert.
Als eines von nur drei europäischen Teams (neben Spanien und Gastgeber Frankreich) spielt die DFB-Elf bei den Olympischen Spielen in Paris um Gold. Insgesamt treten zwölf Teams zum olympischen Turnier an. Für viele Spielerinnen gilt Gold bei Olympia fast noch mehr als der Gewinn einer WM. „Die Spiele haben im Frauenfußball eine enorme Bedeutung, die mit der einer Weltmeisterschaft verglichen werden kann“, so Almuth Schult in einem Interview nach der gelungenen Qualifikation. Die langjährige Torhüterin des DFB-Frauenteams weiß, wovon sie spricht. 2016 holte sie mit der DFB-Elf in Rio de Janeiro Gold für Deutschland. „Olympia ist eine riesengroße Bühne und die Teilnahme an den Spielen ist auch eine wichtige Erfahrung für die Spielerinnen, um sich weiterzuentwickeln“, sagte sie.
Tatsächlich ist es auch eine Erfahrung, die sie den meisten ihrer männlichen Kollegen voraushaben. Denn während bei den Frauen die A-Nationalmannschaften bei Olympia an den Start gehen, sind nur Männer unter 23 Jahren bei Olympia spielberechtigt. Eine Regel, die eingeführt wurde, um den olympischen Grundgedanken, das Fördern des Amateursports, in den Vordergrund zu stellen. Zudem sollen die besten Männerteams nach wie vor bei der Fußballweltmeisterschaft antreten. Immerhin: Eine Ausnahmeregelung ermöglicht es, dass zumindest einige namhaftere Akteure bei Olympia um Gold spielen konnten. Denn drei Spieler je Mannschaft dürfen älter als 23 sein. In der Vergangenheit nahmen deshalb zum Beispiel die Brasilianer Neymar und Ronaldinho, der Waliser Ryan Giggs oder auch der deutsche Profi Max Kruse an den Olympischen Spielen teil.
Im Frauenfußball genießt Olympia schon immer großes Ansehen. „Das olympische Fußballturnier wird viel Aufmerksamkeit bekommen, das kann dem Frauenfußball weiteren Schwung geben und ihn pushen", sagte auch Torhüterin Almuth Schult. Schwung, den der deutsche Frauen-Fußball immer gebrauchen kann. Nach dem Titelgewinn 2016 konnten sich die Frauen nicht mehr für Olympia qualifizieren. Und bei der WM 2023 in Australien und Neuseeland war für die Spielerinnen bereits nach der Vorrunde Schluss. Horst Hrubesch, der 2016 mit der U21 der Männer bis ins Finale der Olympischen Spiele kam, kehrte zurück an die Seitenlinie. Damals holte er Silber. Und auch diesmal hat der ehemalige Stürmer-Star des Hamburger SV wieder große Ziele: „Jetzt musst du sehen, dass du ins Endspiel kommst“, sagte er nach der gelungenen Qualifikation der DFB-Frauen im Februar gegen die Niederlande.
Aus deutscher Perspektive ist das Abschneiden der DFB-Frauen beim Olympischen Turnier in Paris in diesem Jahr übrigens besonders interessant. Denn erstmals seit dem Jahr 2012 hat die U21 der Männer, die für Deutschland antreten sollte, die Qualifikation für Olympia verpasst. Die Mannschaft schied bei der Junioren-EM 2021 in der Vorrunde aus, doch um sich für Olympia zu qualifizieren, hätte sie mindestens das Viertelfinale erreichen müssen.
Der Traum von Gold – er lebt. Die DFB-Spielerinnen starten am 25. Juli um 19 Uhr gegen Australien ins Turnier. Anschließend müssen sie gegen die USA und gegen Sambia antreten. Das Finale ist für den 10. August terminiert. Und wer weiß: Vielleicht holt Horst Hrubesch dann nach der Silbermedaille mit den U21-Männern doch noch Gold für Deutschland.